Hinter den Kulissen der Museen Muttenz: Eingemachtes im Bauernhausmuseum
Am Arbeitstag sieht man wie die grossen Weisskabis-Köpfe gehobelt und mit Salz und einer speziell abgestimmten Gewürzmischung in eine grosse, säureresistente „Stande“ (Steingut-Gefäss) eingefüllt werden. Immer wieder wird das Kraut gestampft, bis Flüssigkeit aus den Blättern austritt. Die Rüben hingegen werden nur mit Salz eingelegt und fleissig umgerührt, sie sollen nämlich nicht zu Brei gestampft werden. Das Salz entzieht nun dem Gemüse die Flüssigkeit und daher schwimmt es bald einmal im eigenen Saft.
Sobald jeweils das Publikum weitergezogen ist und die Veranstaltung zu Ende geht, werden die beiden „Stande“ in den kalten Bauernhauskeller gefahren, wo sie bis zum Frühjahr stehen bleiben. Über die bereits im eigenen Saft schwimmende Kraut- oder Rübenmasse wird ein sauberes Abdecktuch gelegt. Darauf kommen passend zugeschnittene Holzbrettchen und zuoberst ein schwerer Stein, der das Ganze zusammenpresst. Danach heisst es warten und die Natur arbeiten lassen.
Nach wenigen Tagen ist die Gärung bereits angelaufen, was sich auch am immer strenger werdenden Duft bemerkbar macht. Ab jetzt müssen die beiden Standen regelmässig kontrolliert werden. Obenauf schwimmt bald einmal die aus hefeartigen Mikroorganismen bestehende weisslich-trübe Kahmschicht. Diese „Kahm-Hefe“ entsteht übrigens auch bei der Gärung von Wein und Bier, wenn die Flüssigkeit an der Oberfläche mit Sauerstoff in Berührung kommt. Sobald diese Schicht zu dick wird oder sich ungesund verfärbt, muss schnell gehandelt werden, damit Kraut oder Rüben nicht durch Schimmel ungeniessbar werden.
Im Bauernhausmuseum sorgen Schaggi und Lotti Gysin dafür, dass dieser Ernstfall nicht eintritt. Regelmässig öffnen sie die Abdeckungen der beiden Standen, schöpfen die etwas trübe und unappetitlich ausschauende Flüssigkeit ab, spülen Abdecktuch, Brettchen und Steingewicht sorgfältig ab und decken alles wieder zu. Anschliessend giessen sie wieder sauberes Wasser dazu, damit das Kraut und die Rüben zugedeckt und so luftdicht abgeschlossen sind.
Nach knappen zwei Monaten ist das Gärgut reif genug und kann genossen werden. Man nimmt jeweils nur soviel heraus, wie es für die aktuell gewünschten Portionen braucht. Den Rest lässt man im kalten Keller in der Stande stehen und überwacht und reinigt weiter bis gegen das Frühjahr hin der Vorrat dann aufgebraucht ist. In historischen Zeiten war Sauerkraut übrigens eine der wenigen Möglichkeiten im Winter genügend Vitamin C zu sich nehmen zu können. Je nach Region war damals auch üblich, dass man andere Gemüse wie Rotkohl, Karotten, Bohnen usw. ebenfalls einsäuerte. Dies war ohne Tiefkühler neben dem Trocknen die einzige Möglichkeit Gemüse in grösseren Mengen für den Winter haltbar zu machen.
Bei der Arbeitsgruppe Museen wird in der Regel dann im März zum „Suurchrutt-Ässe“ eingeladen. Mit dabei sind die ganze AGM samt Partnerinnen und Partner und in wechselnder Zusammensetzung einige der fleissigen Helferinnen und Helfer, die uns das Jahr über treu zur Seite gestanden haben. Stunden vor der Mittagszeit stehen dann jeweils Schaggi Gysin und Franz Näf am Kochtopf und bereiten das Essen frisch zu. Dabei werden sie unterstützt von Lotti Gysin, die sich in der Regel auch die wunderbaren Apéro-Häppchen und die Tischdekoration ausdenkt. An dieser Stelle sei den dreien auch einmal herzlich gedankt, können sie sich doch nicht einfach nur an den Tisch setzen und schlemmen wie wir anderen.
Lieben Sie Sauerkraut oder saure Rüben und sind Sie interessiert an deren Zubereitung? Der nächste Arbeitstag im Bauernhausmuseum ist am Samstag, 13. Oktober nachmittags. Dann zeigen wir Ihnen gerne wie man auch kleinere Portionen ohne kalten Keller, ohne grosse „Stande“ und ohne starke Geruchsbelästigung selber einsäuern kann.
Das Bauernhausmuseum hat momentan noch Winterpause. Die Saisoneröffnung ist am Sonntag, 29. April.
Bildlegenden:
oben links: Ausgiebiges Stampfen der Krautmasse ist sehr wichtig.
oben rechts: Da bräunlich gewordene Sauerkraut ist frisch geputzt und wird wieder zugedeckt.
unten Mitte: Unsere "Suurchrutt"-Köche an der Arbeit, links Schaggi Gysin und rechts Franz Näf.